Gefühle und sich selbst besser verstehen lernen

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Unser Leben ist sehr vielschichtig. Es geschieht auf vielen verschiedenen Ebenen. Die Darstellung auf einer einzigen Ebene funktioniert nicht. Daher empfinden wir es oft als sehr komplex und kompliziert. In der Volksschule werden uns das Addieren und Subtrahieren beigebracht, bevor viel später das Berechnen des Volumens eines Sektglases zum Thema wird. Im Fitnessstudio beginnt man das Training mit einer Aufwärmphase mit leichten Gewichten. Dasselbe Prinzip liegt vor, wenn wir uns mit unseren Gefühlen beschäftigen. Um herauszufinden, welche emotionalen Prozesse wie intensiv ablaufen, müssen wir uns Schritt für Schritt annähern. Zu Beginn genügt es, wenn die folgenden drei Gefühlsparameter hinterfragt werden:

Bin ich gerade

  • traurig und/oder fröhlich?
  • ängstlich und/oder fühle ich mich sicher?
  • verzweifelt und/oder hoffnungsvoll?

Wir haben schon gehört, dass das Leben kompliziert ist, weil es sich nicht nur auf einer Ebene abspielt. Diese Komplexität gibt es auch auf der Ebene des Gefühlspendels. Es agiert auf mehreren Ebenen gleichzeitig. Wenn das Pendel ausschlägt, können ein, drei oder auch sechs Gefühle betroffen sein. Sie fragen nun, wie das geht. Stellen Sie sich vor, Ihr Auto hat einen Totalschaden. Deswegen können Sie traurig sein. Das ist die erste Ebene Ihrer Gefühle. Zur gleichen Zeit können Sie glücklich sein, weil Ihnen nichts passiert ist und Ihr Körper keine Schäden davongetragen hat. Oder Sie sind glücklich, weil Ihr Kind am Vortag die Matura erfolgreich bestanden hat. Das ist dann die zweite Ebene. In diesem einen Moment fühlen Sie sowohl Glück als auch Traurigkeit. So können bis zu sechs Ebenen parallel auftreten. Obendrein sind Gefühle oft unterschiedlich intensiv. Es gibt nicht nur die Extreme von 0 oder 100 Prozent, sondern auch manchmal ein Mittelmaß von 56 Prozent. Man lebt nicht immer am totalen Limit, gibt alles oder nichts, fühlt sich total gut oder total schlecht. Auch ist nicht nur schwarz oder weiß. Es gibt viele verschiedene Intensitäten und Schattierungen. Nicht immer wird das Extrem erreicht.

Immer wenn Sie mit der Floskel „Wie geht es dir?“ konfrontiert werden, können Sie die Gelegenheit nutzen und sich selbst nach Ihren wirklichen Gefühlen fragen. Das ist eine gute Übung, um sich der eigenen Gefühle bewusst zu werden. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass Sie Ihr Inneres auch nach außen kehren und an Ihren Gesprächspartner kommunizieren müssen. Wie Sie wissen, ist es nicht verpönt, auf die Frage, wie es einem geht, mit einem in unserer Kultur typischen „Gut, danke der Nachfrage“ zu antworten. Ist der Gesprächspartner kein naher Freund, sondern lediglich eine flüchtige Bekanntschaft, kann eine zu detaillierte emotionale Antwort sogar unpassend sein.

 


Mein Name ist Robert Karbiner. Seit 1997 arbeite ich als Psychotherapeut und verfüge über viel Erfahrung in der Arbeit mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen.
Ich bin ausgebildeter Psychotherapeut, Supervisor, Coach, systemischer Familienberater, Lebens- und Sozialberater, Anti-Gewalt-Pädagoge, Trainer und Buchautor

Meine Online Kolumne soll Menschen helfen und Ratschläge zur Selbsthilfe bieten. Dennoch erfolgen die Angaben ohne Gewähr. Wenn Sie sich bei der Bearbeitung eines Problems nicht sicher sind oder unklare Begleitumstände auftreten, sollte umgehend fachlicher Rat eingeholt werden. Für eventuelle Nachteile, die aus praktischen Hinweisen und/oder Übungen resultieren, kann der Autor keine Haftung übernehmen. Jeder Leser muss in Eigenverantwortung entscheiden, ob er beschriebenen Übungen und Anregungen ausprobieren möchte. Sollten Sie Fragen haben oder Hilfe benötigen, kontaktieren Sie mich unter 0699 10 322 362 oder r.karbiner@utanet.at.

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