Selbstbewusst sein heißt, sich seiner selbst bewusst zu sein

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Zugegeben, im Lauf der Jahre ist die Frage „Wie geht’s?“ zu einer reinen, nichtssagenden Floskel geworden. Sie verlängert eine Begrüßung und ist meist hilfreich, ein Gespräch in Gang zu bringen. Aber eigentlich will man mit dieser Frage die aktuellen Gefühle des Gesprächspartners hinterfragen. Die übliche Antwort „Gut, danke der Nachfrage“ ist dieselbe Floskel und beantwortet im Grunde nicht auf die Frage. „Gut“ steht genau genommen in keinem Zusammenhang mit der Frage und bringt auch keinerlei Gefühle zum Ausdruck. Aber warum ist uns dies noch nicht bewusst geworden? Warum beantworten wir die Frage beinahe automatisch mit einem – eigentlich falschen – „gut“ oder „schlecht“? Hierfür gibt es zwei Gründe: Erstens sind wir mit dieser Floskel von klein auf groß worden und zweitens kennen wir die Antwort auf die eigentlich einfache Frage meist selbst nicht. Wir sind uns unserer eigenen Gefühle nicht bewusst, können sie oft nicht erkennen. Ist es doch der Fall, dann fällt es uns meist schwer, den Zustand offen und ehrlich auszudrücken. Das kann auf ein gering ausgeprägtes Selbstbewusstsein zurückgeführt werden. In dem für uns üblichen Sprachgebrauch ist ein „selbstbewusster Mensch“ eine Person, die in jeder Situation mit flotten Sprüchen auftrumpft und durch sicheres Auftreten eine gute Figur macht. In diesem Buch bezeichnen wir Menschen als selbstbewusst, wenn sie sich ihrer „selbst bewusst“ sind. Selbstbewusste Menschen wissen über ihre Gefühlswelt Bescheid und können ausdrücken, wie sie sich im Moment fühlen. Sie wissen, ob sie sicher, hoffnungsvoll, traurig oder ängstlich sind.

Wenn wir unser Selbstbewusstsein trainieren, wenn wir uns selbst bewusst werden, bekommen wir einen besseren Einblick auf unsere Gefühlswelt. Wie gelingt das? Dazu können wir uns selbst in regelmäßigen Abständen fragen, wie es uns geht und wie wir uns momentan fühlen: Wie geht es mir bei einem Gespräch mit den Eltern? Wie geht es mir, wenn ich meinen Sohn zum Kindergarten bringe? Wie fühle ich mich im Arbeitsalltag? Wie fühlt es sich an, am Morgen neben meinem Partner aufzuwachen? Seien Sie ehrlich zu sich selbst. Antworten Sie mit „gut“ oder „schlecht“? Versuchen Sie stattdessen, mit „sicher“, „fröhlich“, „hoffnungsvoll“, „traurig“, oder „verzweifelt“ zu antworten. Natürlich gibt es unzählige weitere Gefühle, die Ihren Zustand beschreiben können. Diese Grundgefühle stellen lediglich einen Parameter als Basis dar.

 


Mein Name ist Robert Karbiner. Seit 1997 arbeite ich als Psychotherapeut und verfüge über viel Erfahrung in der Arbeit mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen.
Ich bin ausgebildeter Psychotherapeut, Supervisor, Coach, systemischer Familienberater, Lebens- und Sozialberater, Anti-Gewalt-Pädagoge, Trainer und Buchautor

Meine Online Kolumne soll Menschen helfen und Ratschläge zur Selbsthilfe bieten. Dennoch erfolgen die Angaben ohne Gewähr. Wenn Sie sich bei der Bearbeitung eines Problems nicht sicher sind oder unklare Begleitumstände auftreten, sollte umgehend fachlicher Rat eingeholt werden. Für eventuelle Nachteile, die aus praktischen Hinweisen und/oder Übungen resultieren, kann der Autor keine Haftung übernehmen. Jeder Leser muss in Eigenverantwortung entscheiden, ob er beschriebenen Übungen und Anregungen ausprobieren möchte. Sollten Sie Fragen haben oder Hilfe benötigen, kontaktieren Sie mich unter 0699 10 322 362 oder r.karbiner@utanet.at.

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