Das Gefühlspendel

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Das Gefühlspendel ist eine Methode, welche die komplexe Welt der Gefühle und den Zusammenhang von “guten” und “schlechten” Gefühlen sehr einfach und verständlich veranschaulichen kann. Es zeigt auf, dass wir hohe Gefühle nur erleben und wahrnehmen können, wenn wir die tiefen Gefühle ebenso zulassen.

Stellen Sie sich ein einfaches Pendel vor. Sie wissen, dass ein Pendel auf zwei Seiten ausschlagen kann, links und rechts. Das passiert in einem gleichmäßigen Rhythmus, immer und immer wieder. Solange, bis es von außen gestoppt wird. Nun vergleichen wir das Pendel mit unseren Gefühlen.

 

Tiefe und hohe Gefühle

Stellen Sie sich vor, dass sich auf der einen Seite des Pendels die tiefen Gefühle befinden, wie beispielsweise Angst, Wut oder Misstrauen. Meist bewerten wir diese als schlecht. Schlecht, weil sie nicht besonders angenehm sind, wenn wir diese empfinden.

Auf der anderen Seite des Pendels gibt es die hohen Gefühle, wie Liebe, Vertrauen oder Sicherheit. Diese möchte normalerweise jeder immer in seinem Leben haben, weil wir spüren, dass sie uns gut tun.

 

Das Dilemma mit den Bewertungen der Gefühle

Oft neigen wir dazu, unsere Gefühle zu bewerten: Die tiefen Gefühle sind schlecht und die hohen sind gut. Natürlich wollen wir nicht, dass es uns schlecht geht, oder? Deswegen versuchen viele Menschen, diese schlechten Gefühle mit aller Kraft zu vermeiden, damit sie so wenige Schmerzen wie möglich ertragen müssen. Das klingt vorerst nach einer sehr logischen, rationalen Reaktion. Jedoch sind unsere Gefühle alles andere als logisch und rational.

Die Vermeidung von tiefen Gefühlen führt über kurz oder lang dazu, dass wir Barrieren aufbauen. Barrieren vor uns selbst. Und genau diese Barrieren stoppen das Gefühlspendel. Es kann auf der “schlechten” Seite nicht mehr frei schwingen. Eine Eigenschaft eines Pendels ist, dass sie auf beiden Seiten gleich weit ausschwingen. Demnach führen die Barrieren auf der „negativen“ Seite dazu, dass wir die hohen Gefühle auch nicht mehr wahrnehmen können. Wir schränken unsere Gefühlswelt selbst so sehr ein, dass dazu neigen, Angst zu bekommen, wenn wir sie zu intensiv spüren.

 

Der Vergleich: Musik und Gefühle

Wenn Sie Musik hören, kommen Sie vermutlich nicht auf die Idee, die einzelnen Töne zu bewerten. Vermutlich keiner kann sagen, dass die hohen Töne gut oder besser sind, als die tiefen. Bewertet wird die Gesamtheit der Töne, also die Melodie. Und die Melodie kann gefallen, oder auch nicht. Wenn Sie Ihnen nicht gefällt, dann werden Sie zum nächsten Lied weiter schalten oder den Radiosender wechseln, oder? In der Welt der Gefühle ist es genauso. Die Gesamtheit der Gefühle, die wir wahrnehmen oder fokussieren bestimmt, wie wir uns im Leben fühlen. Wenn Ihnen die Melodie Ihres Herzens nicht gefällt, können Sie diese auch ändern.

 

Die Melodie des Herzens ändern

Die drei wichtigsten Schritte, um die eigene Herzensmelodie oder den inneren “Radiosender” zu wechseln, sind folgende:

1. Gefühle nicht mehr bewerten

Hören Sie auf, die Gefühle zu bewerten. Gefühle lassen sich nicht in gut oder schlecht trennen. Es ist die Gesamtheit der Gedanken und Gefühle, welche unser Leben zu dem macht, was es ist.

2. Annehmen was ist

Beginnen Sie, Ihre Gefühle bewusst wahr zu nehmen. Wenn Sie gerade sitzen, nehmen Sie einmal bewusst wahr, wie sich Ihre Sitzknochen anfühlen. Haben Sie sich gerade erst in Ruhe hingesetzt und fühlt sich die Entspannung nun richtig gut an? Oder sitzen Sie schon so lange, dass Ihnen und Ihren Knochen Bewegung gut tun würde? Nehmen Sie alles in Ihrer Umgebung wahr, ohne dass Sie es bewerten.

3. Barrieren auflösen

Wenn Sie beginnen, Ihre Gefühle und Umgebung bewusst wahrzunehmen und annehmen, werden Sie merken, in welchen Lebensbereichen Sie Barrieren entwickelt haben. Nach und nach werden Ihnen diese bewusst werden. Diese gilt es zu finden und Schritt für Schritt wieder abzubauen, sodass Ihr Pendel wieder frei schwingen kann.

 

Sie dürfen Hilfe zulassen

Es kann durchaus ein langwieriger Weg sein, zuerst Barrieren zu finden und diese dann Schritt für Schritt aufzulösen. Denken Sie aber daran, dass Sie diesen Weg nicht alleine gehen müssen. Wenn Sie sich bereit dafür fühlen, kann Sie ihr Therapeut auf ihrem Weg begleiten und Ihnen dabei helfen, auch die schwierigen Situationen bravourös zu meistern. Indem Sie Ihre Gefühle zulassen, können Sie Ihre eigene Lebensqualität um ein Vielfaches steigern.

 


Mein Name ist Robert Karbiner. Seit 1997 arbeite ich als Psychotherapeut und verfüge über viel Erfahrung in der Arbeit mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen.
Ich bin ausgebildeter Psychotherapeut, Supervisor, Coach, systemischer Familienberater, Lebens- und Sozialberater, Anti-Gewalt-Pädagoge, Trainer und Buchautor

Meine Online Kolumne soll Menschen helfen und Ratschläge zur Selbsthilfe bieten. Dennoch erfolgen die Angaben ohne Gewähr. Wenn Sie sich bei der Bearbeitung eines Problems nicht sicher sind oder unklare Begleitumstände auftreten, sollte umgehend fachlicher Rat eingeholt werden. Für eventuelle Nachteile, die aus praktischen Hinweisen und/oder Übungen resultieren, kann der Autor keine Haftung übernehmen. Jeder Leser muss in Eigenverantwortung entscheiden, ob er beschriebenen Übungen und Anregungen ausprobieren möchte. Sollten Sie Fragen haben oder Hilfe benötigen, kontaktieren Sie mich unter 0699 10 322 362 oder r.karbiner@utanet.at.

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